Die Sprache im Mittelalter unterscheidet sich von der heutigen. Eine korrekte Rekonstruktion ist zum einen schwierig und zum anderen auch nicht wirklich sinnvoll – das gesprochene Plattdeutsch aus dem Mittelalter dürften die meisten von uns nicht mehr verstehen.
Schwierig ist es, weil kaum Texte auf Plattdeutsch aus der Zeit existieren. Es kommt hinzu, dass – selbst wenn wir entsprechende Texte haben – wir nicht sicher sein können, wie sie ausgesprochen werden. Es gibt keine einheitliche Rechtschreibung, Grammatik oder gar Lautsprache.
Die Klangarchäologin Mylène Pardoën hat in ihrem Projekt – wie klingt Paris im 18. Jahrhundert – bewusst auf eine Rekonstruktion der Sprache verzichtet:
„Niemand weiß, welches Französisch damals in Paris gesprochen wurde. Wir kennen das Schrift-Französisch, aber nicht die Mundarten. Viele Menschen sprachen ihre heimischen Dialekte. Auch, wie laut sie redeten, ist fraglich. Solange ich keine Beweise finde, wage ich es nicht, Sprache zu rekonstruieren.“
Mylène Pardoën
„In godes namen amen. We ghreve Gherart, van der godes ghenaden eyn greve van Holtsten unde van Reynoldesborg, greven Heynrikes sone, unde we ghreve Johan, van densilven gnaden eyn ghreve van Holsten unde van Plone, ghreven Gh[e]rardes sone, bekennen des in desseme breve, dat do uns de stat to deme Kyle hulde deden unde unse man worden, do bedachte we maniche stede truwe unde leve, de se dicke hadden ghedan unde bewiset unsen vorenvaren unde olderen, unde we och hoben, dat se bi uns don scholen, unde gheven alle de vryghehet yn unde mach[t], de se van unsen vorevaren hadden hat, unde darto gans unde vri Lǒbes reyt also vullenkomen, also de stat to Lubeke in binnen hevet, unde vri to brůkende. Darinbovene schole we nynen torn bůwen oppe deme hus to deme Kyle unde nyne brucke van deme hus ut afslan.
Vortmer den stat-voghet, den schole we setten mit willen unde vullebort des rades to deme Kyle unde se mit unses vullenbort. Unde de voghet scal wesen eyn borgher der stat wonaytich. Hirenboven stedeche we al er hantvestinch unde alle vriheit, de ein is chegheven van al unsen olderen unde vorevaren, unde willen se nerchen mede mynnern noch krenke, mer lever beteren, wor we mǒghen.
Aus dem Kieler Urkundenbuch – Urkunde vom 01. November 1315 auf plattdüütsch.
Sprache im Projekt „Kiel 1242“
Sprache ist aber ein wesentlicher Aspekt in meinem Projekt. Aus diesem Grund muss ich einen Kompromiss eingehen.
Ich kann davon ausgehen, dass im Wesentlichen Plattdeutsch gesprochen wird. In der gebildeten Oberschicht und im Klerus vermutlich auch Latein. Darüber hinaus werde ich auch Dänisch berücksichtigen.
Entgegen meiner Erwartungen spricht im Mittelalter in Kiel niemand Friisk – Nordfriesisch. Dies habe ich im Austausch mit dem Nordfriisk Instituut in Erfahrung gebracht.
Obwohl Kiel Mitglied der Hanse ist, sind Englisch, Französisch und Spanisch nicht relevant – dafür ist Kiel als Handelspartner:in zu unbedeutend und diese Sprachen haben im Mittelalter noch nicht den Stellenwert und Verbreitungsgrad, den sie heute haben.
Das Projekt wird – so wie diese Website – in den Sprachen: Deutsch, Plattdeutsch, Latein, Dänisch, Englisch, Französisch und Spanisch zur Verfügung stehen. Allerdings in der heute gültigen Rechtschreibung, Grammatik und Aussprache.
Sprachsynthese mit KI
Das Projekt „Kiel 1242“ kann ich unter Verwendung von KI realisieren.
Mit dem Tool von Elevenlabs kann ich einen Großteil dieser Sprachen automatisch generieren und das in relativ guter Qualität zu sehr geringen Kosten. Ein weiterer Vorteil ist die Vielzahl der Sprecher:innen, aus denen ich auswählen kann.
So kann ich sicherstellen, dass in dem Projekt eine große Klang- und Sprachvielfalt realisiert werden kann. Madame Pardoën wird es mir hoffentlich nicht übel nehmen.
Mit dem Programm iClone von Reallusion und der dort integrierten Funktion LipSync ist es mir gelungen, eine größtenteils lippensynchrone Animation zu erstellen.