Frank Reiser
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Wenn ich von meinem Projekt „Kiel 1242“ berichte, taucht irgendwann die Frage auf: An wen richtet sich das Programm? Wie definierst du deine Zielgruppe?
Eigentlich ist diese Frage für mich am Anfang nicht relevant gewesen. Ich gehe davon aus, dass alle Menschen, die sich für das Mittelalter und die Stadt Kiel zu der Zeit interessieren – das muss reichen!
Inzwischen ist mir klar, dass es so nicht funktioniert.
„Kiel 1242“ ist kein Spiel
Es ist im Grunde nicht sinnvoll, die Zielgruppe über die negativ Formulierung – kein Spiel – zu definieren. Doch ich finde diesen Aspekt relevant. Spieler:innen sind aktuell der größte Markt und Computerspiele generieren in Deutschland mehr Umsatz als der Drogenhandel (Quelle: Jahresreport der deutschen Games-Branche 2022). Ob ein solcher Vergleich sinnvoll ist, sei dahingestellt. Fakt ist: mit Computerspielen kann man richtig viel Geld verdienen.
Meine Hauptkritikpunkte an Computerspielen im allgemeinen und Mittelalterspielen im Besonderen ist – es geht fast ausschließlich um Kampf und Krieg. Selbst in den Wirtschaftssimulationen des Mittelalters wie „Empires and Tribes“ – an dem ich tatsächlich mitarbeite – muss ich irgendwann jemanden den Schädel einschlagen.
Darüber hinaus werden meist nur mittelalterliche Klischees bedient und mein Einwand: „Es gibt im Mittelalter keine Kirchenbänke!“ – wird damit abgetan: „Aber das erwarten die Kund:innen“.
Lange Rede, kurzer Sinn – „Kiel 1242“ ist kein Spiel – aber es vermittelt spielerisch den Einstieg in die Geschichte des Mittelalters am Beispiel der Stadt Kiel.
Zielgruppe: Menschen, die sich für das Mittelalter interessieren und verschiedene Aspekte dieser Epoche in den Blick nehmen möchten: Alltag, Sprache, Arbeit, Musik, Kirche und mehr.
Menschen, die ihren Bildungshorizont gerne „spielerisch“ erweitern. Dabei aber über den reinen Konsum populär wissenschaftlicher Inhalte (Terra X u.a.) hinausblicken wollen, ohne sich gleich hochwissenschaftlichen Abhandlungen widmen zu müssen.
„Kiel 1242“ ist Edutainment
Edutainment setzt sich aus den englischen Begriffen „education“ = Bildung und „entertainment“ = Unterhaltung zusammen – es ein sogenanntes Kofferwort.
Ich verstehe darunter, dass Lerninhalte unterhaltsam und vor allem emotional bedeutsam vermittelt werden.
Ohne Gefühl geht gar nichts! Worauf es beim Lernen ankommt. Der Vortrag macht deutlich, dass nur dann etwas gelernt und nachhaltig im Gehirn verankert werden kann, wenn es auch unter die Haut geht, wenn der Lernstoff für den Lernenden also bedeutsam, d. h. emotional aufgeladen ist.
Prof. Dr. Gerald Hüter- 2009
„Kiel 1242“ ist eine Einladung – ohne Erfolgsdruck – die historische und wissenschaftliche korrekte Darstellung des Mittelalters zu durchwandern. Dabei können mehrere Aspekte in den Blick genommen werden: